Deutschland folgt dem Beispiel anderer Länder (zuletzt etwa Luxemburg) und plant die Digitalisierung von Wertpapieren. Damit kommt Deutschland vergleichbaren regulatorischen Bestrebungen der Europäischen Kommission zuvor, die an einem Rechtsrahmen für die Digitalisierung des europäischen Finanzmarkts arbeitet.

Hintergrund

Der deutsche Gesetzgeber veröffentlichte kürzlich einen nicht nur von der Blockchain-Community lang herbeigesehnten Gesetzesentwurf zur Einführung elektronischer (digitaler) Wertpapiere. Deutschland plant im Zuge dessen eine umfangreiche Modernisierung des deutschen Wertpapierrechts und des dazugehörigen Aufsichtsrechts.

Durch die im Gesetzesentwurf vorgesehene Möglichkeit des Entfalls einer Verbriefung von Wertpapieren auf einer Urkunde aus Papier, sollen zukünftig elektronische Wertpapiere in Deutschland ermöglicht werden. Zudem erkennt der Gesetzesentwurf auch ausdrücklich in einer Blockchain eingetragene Security Token als Wertpapiere an. Dies war nach der Aufsichtspraxis freilich bereits bisher der Fall. Dennoch trägt damit der deutsche Gesetzgeber den Anforderungen neuer Technologien Rechnung, wie insbesondere der Blockchain-Technologie.

Der Gesetzesentwurf betrifft aktuell nur Schuldtitel, konkret Anleihen. Sollten sich die vorgeschlagenen Regelungen bewähren, so ist davon auszugehen, dass in weitere Folge auch andere Gattungen von elektronischen Wertpapieren ermöglicht werden, insbesondere auch elektronische Aktien. Dies wäre ein großer Schritt für die Modernisierung des deutschen (und in weiterer Folge wohl auch europäischen) Finanzmarkts!

Es bleibt zu hoffen, dass dieser Gesetzesentwurf als Blaupause für Österreich dienen wird, wo bisher entsprechende Bestrebungen zur Modernisierung des Wertpapierrechts leider zu keinen sichtbaren Ergebnissen in Gesetzesform geführt haben.

Novum im deutschen Zivilrecht

Elektronische Wertpapiere sollen durch eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung zivilrechtlich als Sache gelten, wodurch die Inhaber der Wertpapiere in den Genuss des umfangreichen Eigentumsschutzes kommen werden. Zivilrechtlich ist die gesetzliche Anordnung, dass elektronische Wertpapiere den Sachbegriff erfüllen, von großer Bedeutung. Der Sachbegriff wird dadurch – zumindest partiell im Wertpapierbereich – entmaterialisiert und unkörperliche Forderungsrechte mit körperlichen Sachen gleichgestellt. Die Übertragung des Eigentums am elektronischen Wertpapier erfolgt auf Weisung des bisherigen Wertpapierinhabers auf den Erwerber, wenn beide darüber einig sind, dass das Recht am Wertpapier übergehen soll.

Kryptowertpapiere

Auch Security Token, die im deutschen Gesetzesentwurf als Kryptowertpapiere bezeichnet werden, sollen zukünftig ausdrücklich ermöglicht werden. Sie werden mit elektronischen Wertpapieren gleichgestellt sein. Als Erleichterung zum bisherigen Status Quo sollen Emittenten zukünftig Kryptowertpapiere in einem Kryptowertpapierregister selbstständig verwalten können und nicht wie bisher bei einem Zentralverwahrer verwahren müssen. Die Blockchain soll als solches Register gelten. Dadurch soll es zukünftig einfacher und günstiger werden, Security Token zu emittieren.

Rechtslage in Österreich

Österreich verfügt über eine lebendige Blockchain-Community und international erfolgreiche Unternehmen in diesem Bereich. Aufgrund der Reformen und zunehmenden Öffnung anderer Länder für die Blockchain-Technologie läuft Österreich jedoch Gefahr, als Wirtschaftsstandort für Blockchain-Unternehmen ins Hintertreffen zu geraten. Ein technologieneutraler rechtlicher Rahmen könnte helfen, mehr Innovationen zu ermöglichen, die Rechtssicherheit von Unternehmen zu stärken und gleichzeitig Konsumenten besser zu schützen. Es wäre daher zu hoffen, dass der österreichische Gesetzgeber die Reformbestrebungen in Deutschland zum Anlass nimmt, den einschlägigen Rechtsrahmen in Österreich in das dritte Jahrtausend zu überführen.

Wie können wir Sie unterstützen?

Stadler Völkel zählen zu den Pionieren, was den Einsatz der Blockchain-Technologie im Kapitalmarkt anbelangt. So war es beispielsweise unsere Kanzlei, die das erste prospektpflichtige Angebot tokenisierter Wertpapiere auf Basis eines gebilligten Kapitalmarktprospekts in der EU begleitete. Die Ausgabe tokenisierter Wertpapiere gehört in Österreich mittlerweile zum gängigen Repertoire am Kapitalmarkt.

Sollten Sie oder Ihr Unternehmen hierzu aufsichtsrechtliche Fragen haben, so stehen wir Ihnen gerne mit unserem Know-How zur Verfügung.

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Oliver Völkel | Lorenz Marek