Im Fokus von Legal Update #25 steht die Haftung für Verpackungsmüll, welcher im Rahmen des Online-Shoppings entsteht. Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich der Trend zum Online-Shopping nochmals verstärkt. Damit ging auch ein Anstieg an Verpackungsmüll einher. Durch das neue Abfallwirtschaftsgesetz ("AWG") wird nun die Pflicht für Online-Plattformen verschärft, für die Entsorgung von Verpackungsmülls einzustehen.

1. Gesetzesnovelle des Abfallwirtschaftsgesetzes

Ab 2023 steigt die Verantwortung für Betreiber elektronischer Markplätze in Bezug auf Verpackungsmüll. Derzeit sieht § 13a AWG vor, dass Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten oder von Gerätebatterien oder -akkumulatoren für die Übernahme von Altgeräten zumindest eine Sammelstelle in jedem politischen Bezirk zu errichten und an dieser Stelle Geräte und Batterien unentgeltlich zu übernehmen haben.

In der Praxis geschieht dies durch sogenannte "Entpflichtung", bei der zwischen Personen, die Verpackungen oder verpackte Waren erwerbsmäßig in Verkehr bringen, und genehmigten Sammel- und Verwertungssystemen ein Vertrag geschlossenen wird. Letztere melden die Verpackungsmengen und bezahlen die jeweiligen Lizenztarife für die Entsorgung, je nach Materialart.

2. Das grundlegende Problem mit der bereits bestehenden Entpflichtung

Die gesetzlich vorgesehene Entpflichtung wurde leider oftmals v.a. durch Fernabsatzhändler aus Drittstaaten nicht eingehalten; sie nehmen i.d.R. nicht am Sammel- und Verwertungssystem teil und leisten mithin auch kaum einen finanziellen Beitrag. Dies hat bisher dazu geführt, dass Unternehmen aus Europa und Österreich einem Wettbewerbsnachteil ausgesetzt waren und noch immer sind.

Bei den o.g. Fernabsatzhändlern handelt es sich meist um multinationale Konzerne wie Amazon oder AliExpress. Handelsplattformen, die im Internet Waren anbieten, haben häufig keine österreichische Niederlassung, weshalb die Durchsetzung der bereits bestehenden Verpflichtungen eine große Herausforderung ist. Der Handelsverband hat an dieser Neuregelung im Rahmen der HV Fair Commerce-Initiative maßgeblich mitgewirkt.

3. Gesetzliche Neureglung

Die erwähnte Problematik hat den Gesetzgeber dazu veranlasst, eine neue Regelung zu schaffen. Konkret sieht § 12c AWG vor, dass nicht mehr alleine Fernabsatzhändler für die Einhaltung der Regelungen zum Verpackungsmüll verantwortlich sind, sondern zudem die Betreiber der Online-Handelsplattformen.

Das bedeutet konkret, dass Betreiber elektronischer Marktplätze, welche es Dritten ermöglichen, dort Produkte in Österreich anzubieten, folgende Verträge mit folgenden Partnern schließen müssen:

  • Primärverpflichtete (Handelsbetriebe) von Verpackungen, d.h. Abpacker, Importeure, Eigenimporteure, Versandhändler;
  • Herstellern von Einwegkunststoffprodukten, Elektro- und Elektronikgeräten sowie Gerätebatterien.

In diesen Verträgen ist sicherzustellen, dass bei Inverkehrbringen von Produkten, die die beiden obigen Punkte betreffen, bestimmte Vorgaben erfüllt sind. Diese sind im Einzelnen

  • Errichtung einer Sammelstelle für Elektrogeräte und -batterien sowie die unentgeltliche Rücknahme dieser an diesen Stellen;
  • Teilnahme an einem Sammel- und Verwertungssystem für Hersteller von Elektrogeräten, -batterien und Einwegkunststoffprodukten oder
    • die individuelle Ausgestaltung der Rücknahme; die dann aber dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie angezeigt werden muss und zudem eine Registrierung unter edm.gv.at
  • Teilnahme am Sammel- und Verwertungssystem für Haushaltsverpackungen oder für gewerbliche Verpackungen.

Nach diesen Vorgaben haben sich auch sogenannten Fulfillment-Dienstleister auszurichten. Diese sind natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften, die im Rahmen einer Geschäftstätigkeit zumindest zwei der folgenden Dienstleistungen in Österreich für ausländische Hersteller anbieten:

  • Lagerhaltung;
  • Verpackung, Adressierung oder Versand für Produkte der ausländischen Hersteller.

Davon ausgenommen sind Post-, Paketzustell- und sonstige Frachtverkehrsdienstleister.

Fulfillment Dienstleister haben sicherzustellen, dass die Hersteller der jeweiligen Produkte die Verpflichtungen bezüglich der Sammlung und Verwertung oder die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Sammel- und Verwertungssystem einhalten.

Sofern dies nicht sichergestellt werden kann, darf der Fulfillment Dienstleister seine Tätigkeit nicht (mehr) ausüben.

4. Handlungsempfehlungen zur Risikominimierung

Da österreichische Plattformbetreiber grundsätzlich bereits solche Entpflichtungsverträge geschlossen haben, sind nun die sogenannten Fulfillment-Dienstleister angehalten, ihre Verträge zu überprüfen (und ggf. zu erneuern).

Grundsätzlich gilt es, das Risiko einer Strafe oder die Einstellung der Tätigkeit zu minimieren. Auch wenn sich die Rechtslage erst mit 1. Jänner 2023 ändert, so ist es ratsam, frühzeitig die Thematik mit Vertragspartnern zu besprechen, sofern nicht bereits eine Entpflichtung in die Verträge eingebunden wurde. Bei Vertragsneuabschlüssen ist auch darauf zu achten, entsprechende Passagen bereits mit einzubinden.

Im Fall der Nichteinhaltung der Vorgaben kann eine Strafe von bis zu € 8.400 gegen den Fulfillment-Dienstleister oder den Betreiber elektronischer Marktplätze ausgesprochen werden. Darüber hinaus muss zumindest der Fulfillment-Dienstleister seine Tätigkeit einstellen.

Ob die drohende Strafe aber etwa große Plattformbetreiber wie Amazon, für die € 8.400 einen vergleichsweise geringen Betrag darstellen, dazu anhält, notwendige Verträge zu schließen oder bestehende anzupassen, bleibt abzuwarten.

Arthur Stadler / Maria Lohmann