Geistige Eigentumsrechte wie etwa Markenrechte sind nicht nur für Großunternehmen, sondern vor allem auch für kleinere und mittlere Unternehmen ("KMU") von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Laut dem EU Action Plan IP (COM/2020/760 final) der Europäischen Kommission verfügen nur 9% der KMU in der EU über eingetragene Rechte des geistigen Eigentums. Dieser Umstand war einer der Gründe, wieso die Europäische Kommission den "Ideas Powered for Business"-Fonds ("KMU-Fonds") ins Leben rief, welcher anspruchsberechtigten Unternehmen einen erleichterten Zugang zu Rechten des geistigen Eigentums ermöglichen soll. Vom 1. bis 30. September 2021 steht KMUs letztmalig die Möglichkeit offen, eine Förderung zu erhalten. Das LEGAL UPDATE #20 soll einen kurzen Überblick über wichtige Informationen geben, die für die Inanspruchnahme des KMU-Fonds von Relevanz sind.
1. Einleitung
Der KMU-Fonds wurde auf Initiative der Europäischen Kommission ins Leben gerufen und mit einem Fördervorlumen von EUR 20 Mio ausgestattet. Im September 2021 können KMUs letztmalig die Förderung beantragen. Insgesamt stehen in diesem Zeitfenster 4 Mio zur Verfügung, die nach dem "first come first serve”-Prinzip vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) ausgeschüttet werden. Der KMU-Fonds richtet sich an alle kleine und mittlere Unternehmen, die ihren Sitz in einem der 27 Mitgliedstaaten haben. Die Förderung setzt voraus, dass der Antragsteller ein KMU im Sinne der EU Empfehlung 2003/361 ist und der Antrag zwischen 1. und 30. September 2021 eingereicht wird.
2. Erfasste Dienstleistungen
KMUs können die Unterstützungsleistung hinsichtlich zweier alternativer Dienstleistungen beantragen. Einerseits bestehen finanzielle Vorteile bei der Inanspruchnahme einer Vorabdiagnose von Rechten des geistigen Eigentums (sog IP Scan; Dienstleistung 1), andererseits besteht die Möglichkeit, einen Teil der Grundgebühren für die Anmeldung einer Marke oder eines Geschmacksmusters rückerstattet zu bekommen (Dienstleistung 2). Da pro Zeitfenster nur eine Antragstellung möglich ist, kann die Finanzhilfe nur für eine der genannten Dienstleistungen beantragt werden. Der Erstattungsbetrag ist gedeckelt und beträgt maximal EUR 1.500 pro Antragsteller.
2.1. Erstattung von 75 % der Kosten einer Vorabdiagnose
Im Rahmen des KMU-Fonds können 75 % der Kosten für Vorabdiagnosen von Rechten des geistigen Eigentums erstattet werden. Im Zuge einer Vorabdiagnose untersuchen Sachverständige das Geschäftsmodell, die Produkte bzw Dienstleistungen sowie die Wachstumspläne des jeweiligen KMU, um bei der Ermittlung einer passenden Strategie im Bereich der geistigen Eigentumsrechte zu unterstützen und deren Wert zu ermitteln. Die Vorabdiagnose umfasst sowohl alle Rechte des geistigen Eigentums wie etwa Patente, Muster und Marken als auch solche, die nicht eingetragen bzw nicht eintragungsfähig sind, sowie Firmennamen, Domainnamen etc. Nach Vornahme einer entsprechenden Bewertung des geistigen Eigentums verfasst der Sachverständige einen Bericht und spricht Empfehlungen betreffend Handhabung und Schutz der Rechte aus. Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist, dass eine Vorabdiagnose vom zuständigen nationalen Amt angeboten wird. Ob dies der Fall ist, kann der Liste des EUIPO entnommen werden. Das österreichische Patentamt (ÖPA) bietet eine Vorabdiagnose an, sodass österreichische KMUs einen entsprechenden Förderantrag im Rahmen des KMU-Fonds stellen können.
2.2. Teilerstattung der Grundgebühr für Marken- und Geschmacksmusteranmeldung
Alternativ zur Vorabdiagnose kann eine Unterstützungsleistung für die Anmeldung einer Marke oder eines Geschmacksmusters beantragt werden. Sofern eine Marke oder ein Geschmacksmuster auf nationaler oder Unionsebene eingetragen und geschützt werden soll, erhält der Antragsteller im Falle eines positiven Finanzhilfeantrags 50 % der Grundgebühren für die Anmeldung der Marke oder des Geschmacksmusters erstattet. Die Gebühren, die bei der Anmeldung einer Unionsmarke bzw eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters anfallen, können der EUIPO-Gebührenliste Marken bzw EUIPO-Gebührenliste Geschmacksmuster entnommen werden. Welche Gebühren für die Anmeldung einer nationalen Marke bzw eines nationalen Musters/Designs anfallen, ist in der Liste des Österreichischen Patentamts ersichtlich.
3. Antragsverfahren und -fristen
Der Antrag auf Finanzhilfe sowie alle Begleitunterlagen können ab dem 1. September 2021 online beim KMU-Fonds eingereicht werden. Für den Erhalt der Unterstützungsleistung ist entscheidend, dass dem Antrag auf Finanzhilfe bereits vor Inanspruchnahme der Vorabdiagnose bzw Vornahme der Marken-/Geschmacksmuster-Anmeldung stattgegeben wurde. Nach Einreichung des Antrags übermittelt das EUIPO eine Entscheidung über die Finanzhilfe. Sofern diese positiv ausfällt, beginnt ab Erhalt der Entscheidung eine 30-Tages-Frist zu laufen, innerhalb derer der Antragsteller tätig werden muss.
Im Falle einer Vorabdiagnose muss diese innerhalb der Frist beim zuständigen nationalen Amt für geistiges Eigentum (in Österreich: ÖPA) beantragt und bezahlt werden. Im Falle einer Marken- bzw Geschmacksmusteranmeldung muss diese innerhalb der 30-Tages-Frist beantragt und die entsprechenden Gebühren entrichtet werden. Zuständiges Amt für eine Marken- und Geschmacksmuster-Anmeldung ist auf nationaler Ebene das ÖPA und auf Unionsebene das EUIPO.
Als letzter Schritt auf dem Weg zur Unterstützungsleistung ist ein Erstattungsantrag zu stellen. Hierfür wird in der positiv ausgefallenen Entscheidung über die Finanzhilfe ein Link bereitgestellt, mithilfe dessen ein Erstattungsantrag eingereicht werden kann. Unter Voraussetzung der Akzeptanz der eingereichten Informationen und Unterlagen erhält der Antragsteller binnen eines Monats ab Stellung des Erstattungsantrags die Erstattungszahlung in Höhe von 75 % der Kosten für die Vorabdiagnose bzw 50 % der Grundgebühr für die Marken- oder Geschmacksmusteranmeldung, maximal aber EUR 1.500.