
1. Was ist Influencer Marketing?
Influencer erreichen über ihre Social Media-Kanäle eine Vielzahl von (vor allem jungen) Menschen, was sie für Unternehmen zu attraktiven Werbepartnern macht. Influencer Marketing erlebt in den letzten Jahren einen regelrechten Boom, weil die Nutzer von Instagram und Co die oftmals beiläufige Werbung – im Gegensatz zu den herkömmlichen Werbeformen in Printmedien, Radio-und TV-Sendungen – nicht als lästig empfinden. Hinzu kommt, dass Influencer regelmäßig nachahmenswerte Idole einer Interessensgruppe darstellen und besonders authentisch wirken.
Influencer veröffentlichen auf ihren Accounts laufend Bilder und Videos (sog. Content) über Themen wie zB Sport, Mode, Kosmetik, Lifestyle und Ernährung. Nutzer, die sich für die Person des Influencers bzw für das entsprechende Thema interessieren, abonnieren den Account und sehen dadurch den Content der Influencer auf ihrer Startseite ("Follower"). Unternehmer, die ihre Produkte bei einer bestimmten Zielgruppe bewerben möchten, erhalten durch diese relativ neue Form des Marketings die Möglichkeit, über Influencer eine bestimmte Zielgruppe gezielt anzusprechen. Da Influencer ihre Follower auch an ihrem privaten Leben teilhaben und oft ihre persönliche Meinung einfließen lassen, besteht jedoch die Gefahr, dass der private und werbliche Bereich vermischt werden und so von den Nutzern nicht immer voneinander unterschieden werden kann. Weiß der Nutzer, dass es sich um einen werblichen Beitrag handelt, wird er diesem kritischer gegenüberstehen, die Meinung des Influencers kritischer hinterfragen und ihr weniger Bedeutung beimessen.
2. Wer ist von den Kennzeichnungspflichten betroffen? Wer kann belangt werden?
Die Abgrenzung, wann ein Betreiber eines Social Media-Kanals oder eines Blogs unter die Kategorie der Influencer fällt, ist bis dato nicht klar definiert. In den Branded Content-Richtlinien von Facebook wird Branded Content definiert als "Content von einem Creator oder Publisher, der im Austausch für einen Wert einen Geschäftspartner präsentiert oder von diesem beeinflusst wird".[i] In der Werbesprache wurden in den letzten Jahren die Begriffe vom Nano- bis zum Mega-Influencer geprägt. Für gewisse Werbestrategien werden mittlerweile oft Influencer mit nur wenigen tausend Followern bevorzugt, weil sie enger mit ihrer Community verbunden sind und daher mehr Einfluss auf diese haben. Die wichtigste Kennzahl ist jedoch nach wie vor die Anzahl der Follower. Diese wird bei Influencern, im Gegensatz zu privaten Profilen, zumindest über die Anzahl ihres Bekanntenkreises hinausgehen. Ein weiteres Indiz ist ebenfalls, dass das Profil öffentlich zugänglich ist und die Inhalte ohne die Bestätigung des Profilbetreibers gesehen werden können. Das LG München I hat für die Abgrenzung von besonderes reichweitenstarken Influencern eine Anzahl von 480.000 Followern und ein blaues Verifizierungshäkchen angenommen.[ii] Dies sind jedoch nur Einzelfallbewertungen, denen keine Allgemeingeltung beigemessen werden kann, jedoch als willkommener Richtwert dienen.
Wird ein Social Media Account ausschließlich zu privaten Zwecken genutzt, finden die unten genannten Vorschriften keine Anwendung. Die Einstufung, wann ein Account als ausschließlich privat einzustufen ist, kann jedoch mitunter nicht leicht fallen.
Influencer als Profilbetreiber sind als Medieninhaber iSd § 26 Mediengesetz ("MedienG") zu qualifizieren und tragen daher grundsätzlich die Verantwortung zur Kennzeichnung bezahlter Werbung. Die Verantwortung als Diensteanbieter iSd § 6 E-Commerce-Gesetzes ("ECG") trägt in der Regel ebenfalls der Influencer. Weiters kann unter Umständen auch der (kooperierende) Unternehmer vor allem nach wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen in Anspruch genommen werden. Je nachdem, welche Rechtsnorm verletzt wurde, können vor allem Verwaltungsstrafen, Beseitigungs-, Unterlassungs-, Widerrufs- sowie Schadenersatzklagen drohen. Verstöße gegen § 26 MedienG sind mit bis zu EUR 20.000 Verwaltungsstrafe[1], Verstöße gegen § 6 ECG mit bis zu EUR 3.000 Verwaltungsstrafe[2] bedroht.
3. Generell gilt: Trennungsgebot (zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten)
Den Grundsatz, dass werbliche Inhalte von redaktionellen (dh. nach der Aufmachung objektiven[iii]) Beiträgen getrennt werden müssen, gab es schon bisher bei den herkömmlichen (Print-)Medien. Demnach muss es für Nutzer erkennbar sein, wann es sich um Werbung bzw. kommerzielle Kommunikation handelt und wann redaktionelle Inhalte vorliegen.[iv] Werbemaßnahmen dürfen nicht so getarnt werden, dass sie als solche dem Umworbenen nicht erkennbar sind.[v] Entgoltene kommerzielle Kommunikation bzw. Werbung muss für Nutzer als solche erkennbar sein. Daneben kann jedoch auch unbezahlte Werbung in Gestalt redaktioneller Berichterstattung das Publikum über den wahren Charakter als Werbung täuschen, wenn sie bei flüchtiger Betrachtung wie ein Beitrag des redaktionellen Teils erscheint.[vi] Auch beim relativ neuen Phänomen des Influencer Marketings müssen diese Grundsätze und die einschlägigen Normen beachtet werden.[vii]
Als Werbung werden alle Maßnahmen verstanden, "die zu einer Präferenzbildung bei den Konsumenten führen sollen".[viii]
Unter kommerzieller Kommunikation versteht man laut § 3 Z 6 E-Commerce-Gesetz (ECG) "Werbung und jede andere Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbildes eines Unternehmens" dient, "ausgenommen Angaben, die einen direkten Zugang zur Tätigkeit des Unternehmens ermöglichen, etwa ein Domainname oder eine elektronische Postadresse, sowie unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemachte Angaben über Waren, Dienstleistungen oder das Erscheinungsbild eines Unternehmens".
- Kennzeichnungsgebot des § 26 MedienG: Gemäß § 26 Mediengesetz (MedienG) müssen Influencer Beiträge, für deren Veröffentlichung sie bezahlt wurden oder einen sonstigen Vermögensvorteil erhalten haben, kennzeichnen. Dies ist nur dann nicht erforderlich, wenn alle Zweifel über die Entgeltlichkeit ausgeschlossen werden können. Zur Sicherheit ist jedoch eine Kennzeichnung zu empfehlen, weil hier eine relativ komplizierte Einzelfallbeurteilung vorgenommen werden muss (zB hat der OGH selbst bei einer Entscheidung zu Gratiszeitungen die zweifellose Entgeltlichkeit verneint).[ix]
- Transparenzgebot des § 6 ECG: Werden soziale Netzwerke geschäftlich bzw. unternehmerisch genutzt (kommerzielle Kommunikation)[x] muss dies gemäß § 6 E-Commerce-Gesetz (ECG) klar und eindeutig erkennbar sein.[xi] Des Weiteren muss der Auftraggeber der kommerziellen Kommunikation genannt werden.
- Offenkundigkeitsgrundsatz und Wahrheitsgrundsatz des UWG: Werbung darf nicht verschleiert werden. Z 11 des Anhangs zu § 2 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) enthält im Kern[xii] das gleiche Gebot wie § 26 MedienG: bezahlte redaktionelle (dh. nach der Aufmachung objektive[xiii])Inhalte in Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung müssen als solche erkennbar sein, andernfalls handelt es sich per se um eine unlautere Geschäftspraktik. Im Gegensatz dazu müssen unbezahlte redaktionelle Inhalte grundsätzlich nicht gekennzeichnet werden.[xiv] Bei einem Verstoß gegen § 26 MedienG bzw § 6 ECG kann gleichzeitig auch ein unlauterer Rechtsbruch gemäß UWG vorliegen.[xv]
- Darüber hinaus muss auch das allgemeine Irreführungsverbot gemäß § 2 UWG beachtet werden. Beim allgemeinen Irreführungsgebot kommt es nicht auf die Entgeltlichkeit der konkreten Veröffentlichung an.
- Fraglich ist, ob das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz ("AMD-G") auf Videos auf den Social Media Plattformen anwendbar ist.[xvi] Einzelne Videos gelten nicht als audiovisueller Mediendienst ("AMD"), jedoch kann durch entsprechende Programmierung und Gestaltung auch zB ein YouTube-Channel in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen. In Bezug auf das kürzlich gelaunchte Video-Portal Instagram-TV ist dies eine spannende Rechtsfrage. Im Zusammenhang mit YouTube hat der EuGH entschieden, dass ein YouTube-Kanal, der ausschließlich aus Werbevideos besteht, nicht unter den Begriff des AMD fällt. Sollten die zuvor genannten Video-Kanäle einen audiovisuellen Mediendienst darstellen, ist auch laut diesen Bestimmungen kommerzielle Kommunikation als solche zu kennzeichnen. Bezüglich eines Videoportals einer Onlinezeitung, auf dem regelmäßig informative Kurzvideos gepostet wurden, hat der EuGH entschieden, dass dieses als Sendung iSd AMD-RL anzusehen ist.[xvii] Stellen die Videos jedoch auf einer Seite mit anderen Inhalten (Zeitungsartikeln usw.) nur eine Nebenerscheinung dar, ist das AMD-G (bzw die AMD-RL) nicht anzuwenden.[xviii]
Trotz der genannten gesetzlichen Bestimmungen sind jedoch insbesondere im Influencer Marketing noch etliche Rechtsfragen offen und noch nicht ausreichend geklärt. Das Verfahrensrecht stellt bei der internationalen Durchsetzung von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen auf den geschädigten Markt bzw. Mitbewerber ab. Deswegen müssen österreichische Influencer, die sich zB auf die gesamte DACH-Region ausrichten, neben dem österreichischen Recht auch die gesetzlichen Bestimmungen Deutschlands bzw. der Schweiz berücksichtigen.
4. Was muss gekennzeichnet werden?
4.1 Entgeltliche Postings
Entgeltliche Postings sind gemäß § 26 MedienG jedenfalls zu kennzeichnen – dies gilt auch dann, wenn keine Vorgaben für den Beitrag gemacht wurden.[xix] Entgeltlichkeit ist gegeben, wenn dem Influencer für die Veröffentlichung des Beitrags eine geldwerte Gegenleistung zukommt wie zB in Form eines Rabattes, Gutscheines, der Bezahlung von Dienstleistungen, der Überlassung eines Produkts usw.
4.2 Sonstige Postings?
Veröffentlichungen aus bloßer Gefälligkeit sind nach einem Urteil des OGH[xx] grundsätzlich nicht von den Kennzeichnungspflichten gemäß § 26 MedienG erfasst. Von der Kennzeichnungspflicht sind nur Beiträge erfasst, die tatsächlich durch die Vereinbarung eines Entgelts veranlasst wurden.[xxi] Dennoch kann auch bei mittelbarer Entgeltlichkeit oder sogar Unentgeltlichkeit eine irreführende Handlung gemäß UWG vorliegen.[xxii]
Aufgrund der Vielzahl an Ausgestaltungen und Formen des Influencer Marketings können die einzelnen Pflichten nicht zur Gänze dargestellt werden. Vielmehr ist für jeden Fall zu prüfen, ob und welche Kennzeichnungspflichten bestehen. Bei Beiträgen, die ohne (vorherige) Kooperation und ohne sonstige Absprache mit Unternehmen veröffentlicht werden, sind jedoch viele Rechtsfragen noch nicht geklärt.
Bsp.: Eine Influencerin kauft selbst ein Produkt und teilt in einem Beitrag ihre Meinung über das Produkt. Hier liegt grundsätzlich keine Werbung vor.[xxiii] Anderes kann jedoch gelten, wenn sie über das Produkt nicht nur neutral berichtet, sondern es darüber hinaus anpreist.[xxiv] Die Grenzen können hier freilich fließend sein und sind jeweils einer Einzelfallbeurteilung zu unterziehen.
Bsp.: Einem Influencer wird ein Produkt kostenlos und ohne weitere Bedingungen zur Verfügung gestellt. Berichtet er in einem Beitrag daraufhin positiv über das Produkt, kann dies – trotz mangelnder unmittelbarer Entgeltlichkeit[xxv] – aufgrund des allgemeinen Irreführungsgebots gemäß § 2 UWG problematisch sein. Auch hier ist es daher empfehlenswert, auf die unbezahlte Zurverfügungstellung des Produktes hinzuweisen.[xxvi]
Zur Problematik beim "Tagging" selbst erworbener Produkte siehe unten Punkt 7.
5. Wie muss gekennzeichnet werden?
Wo genau die Kennzeichnung zu erfolgen hat, ist weder gesetzlich geregelt noch von der Rechtsprechung zur Gänze geklärt. Grundsätzlich gilt jedoch, dass die Kennzeichnung für den Nutzer auf den ersten Blick erkennbar sein muss und so zu erfolgen hat, dass kein Zweifel am Vorliegen eines kommerziellen Zwecks besteht.[xxvii] Die Platzierung der Kennzeichnung in einer sog. "Hashtagwolke" ist unzureichend.[xxviii] Erfolgt die Kennzeichnung erst am Ende des Beitrags, kann dies uU ebenso als nicht ausreichend eingestuft werden. Wir empfehlen daher, direkt am Beginn des Beitrags einen entsprechenden Hinweis anzubringen.
- 26 MedienG nennt als Beispiele für eine ordnungsgemäße Kennzeichnung die Begriffe "Anzeige", "Werbung" und "entgeltliche Einschaltung". Die Verwendung von Hashtags vor diesen Begriffen ist dabei zulässig. Da es sich dabei um keine abschließende Aufzählung handelt, können auch andere Begriffe verwendet werden, sofern diese gleichermaßen geeignet sind, auf die werbliche Eigenschaft des Beitrags hinzuweisen. Wir empfehlen jedoch die Verwendung der gesetzlich genannten Begriffe, da bei anderen Begriffen ein Restrisiko besteht.
Werden kommerzielle Beiträge in den Stories gepostet, gilt dasselbe: Der werbliche Gehalt muss gut sichtbar gekennzeichnet werden. Besteht die Story aus mehreren Teilen, ist jeder Teil davon gesondert zu kennzeichnen. In einem Video ist ein mündlicher Hinweis allein nicht ausreichend.
Weiters hat gemäß § 6 ECG bei einer entgeltlichen kommerziellen Kommunikation die Nennung des Auftraggebers zu erfolgen.
6. Verwendung von Branded Content Tools
Die großen Social-Media-Plattformen wie Facebook[xxix] und Instagram stellen mittlerweile selbst Anwendungen zur Verfügung, um auf bezahlten Content aufmerksam zu machen. Facebook unterwirft seine User internen Richtlinien, die definieren, wann und wie diese Tools zu nutzen sind. Bei Branded-Content-Tools handelt es sich um eine Funktion für Influencer und Unternehmen, um auf bezahlte Kooperationen aufmerksam zu machen. Auf Instagram ist das Tool konkret als "Bezahlte Partnerschaft mit…" ausgestaltet. Dies erfüllt auch die – oft vernachlässigte – Verpflichtung des ECG, wonach auch der Auftraggeber der Werbung bezeichnet werden muss.
Unabhängig von den Vorgaben der Plattform-Richtlinien müssen jedoch jedenfalls die gesetzlichen Vorgaben beachtet werden.
7. Verlinkung von Unternehmen / Taggen von Produkten / Affiliate Links
- Erhalten Influencer irgendeinen Vermögensvorteil für die Verlinkung auf Websites Dritter, sind auch solche Links entsprechend zu kennzeichnen (Affiliate Links).[xxx]
- Wenn Influencer für das "Taggen" selbst erworbener Produkte keine Gegenleistung erhalten, ist die rechtliche Situation momentan relativ unklar. MedienG und ECG sind in diesem Fall, mangels Entgeltlichkeit, nicht anwendbar. Der Irreführungstatbestand des UWG kann aber trotzdem einschlägig sein. Eine Zeit lang war der Ansatz vieler Influencer, im Zweifel bei sämtlichen Marken- bzw Unternehmensnennungen, den Beitrag als Anzeige zu kennzeichnen. Cathy Hummels brachte jedoch – nicht ganz unberechtigt – vor, dass sich Influencer dadurch der Gefahr einer Unterlassungsklage durch das erwähnte Unternehmen aussetzen, weil der fälschliche Anschein einer Kooperation zwischen dem Unternehmen und den betreffenden Influencern entstehen könnte.[xxxi] Der einzige Anhaltspunkt, den man aus der Rechtsprechung ableiten kann, ist, dass bei Beiträgen mit ausschließlich redaktionellem Inhalt nicht gekennzeichnet werden muss, auch wenn das Unternehmen bzw. eine Marke verlinkt ist.
8. Facettenreiche Rechtsprechung
8.1 Fehlende Rechtsprechung des österreichischen OGH
Die medienrechtliche Kennzeichnungspflicht umfasst laut OGH nur Veröffentlichungen, die tatsächlich durch die Vereinbarung eines Entgeltes veranlasst wurden, also ein entsprechend darauf gerichteter Wille der Vertragsparteien gegeben ist. Erfolgt die Veröffentlichung hingegen lediglich aus Gefälligkeit, ist § 26 MedienG nicht anwendbar – unabhängig von ihrem werblichen Gehalt.
8.2 Keine klare Rechtsprechung der deutschen Gerichte
8.2.1 Urteil LG Karlsruhe 21.3.2019, 13 O 38/18 KfH (Pamela Reif)
Das "Taggen" von Marken-Herstellerseiten stellt eine geschäftliche Handlung iSv § 2 Abs 1 Z 1UWG dar. Durch diese Handlungen werden die "geschäftlichen Entscheidungen der Verbraucher den Absatz oder Bezug zu fördern" in zweierlei Hinsicht beeinflusst. Einerseits wird durch das Taggen –unabhängig von einer Entgeltlichkeit – auf das markierte Unternehmen und dessen Produkte aufmerksam gemacht. Andererseits wird auch das eigene Unternehmen des Influencers gefördert, indem potentielle Kooperationspartner auf den Instagram-Account aufmerksam werden. Daher muss grds bei Erwähnung eines Unternehmens in einem Post, dieser als Anzeige markiert werden. Der werbliche Charakter ist nicht für alle Nutzer offensichtlich. "Dies gilt umso mehr, als es das Geschäftsmodell von Influencern darstellt, (scheinbar) private mit kommerziellen Posts zu mischen." Dass dadurch Nachfragen von Nutzern vermieden werden sollen, stehe dem zugleich verfolgten geschäftlichen Zweck nicht entgegen. Auch der betont private Charakter der Posts könne nichts am Vorliegen einer geschäftlichen Handlung ändern.
8.2.2 Urteil LG Berlin 24.5.2018, 52 O 101/18 (Vreni Frost I)
Im Mai 2018 sorgte ein Urteil des LG Berlin für Aufsehen. In diesem entschied das Gericht, dass sämtliche Beiträge von Influencern, in denen eine Verlinkung zu einem Produkt stattfindet, als Werbung zu kennzeichnen seien, selbst wenn der Influencer das erwähnte Produkt selbst gekauft hatte und in keiner Beziehung zum jeweiligen Unternehmen stand.
8.2.3 Urteil KG Berlin 8.1.2019, 5 U 83/18 (Vreni Frost II)
Das KG Berlin hat als Berufungsgericht diese strenge Rechtsansicht zum Teil aufgehoben. Jene Posts, die einen rein redaktionellen Inhalt hatten und mit keinerlei finanzieller Gegenleistung verbunden waren, genossen den Schutz der Meinungs- und Medienfreiheit und mussten nicht als Werbung gekennzeichnet werden. Ein redaktioneller Beitrag diene allein der Informations- und Meinungsbildung, daher würde die Verpflichtung, diesen als Werbung zu kennzeichnen, den zuvor genannten Grundrechten widersprechen. Generell sind die Anforderungen an einen redaktionellen Inhalt nicht sehr hoch, das bloße Verlinken eines Unternehmens zur Information der User ist jedoch nicht ausreichend.
8.2.4 Urteil LG München I, 4 HK O 14312/18 (Cathy Hummels)
Das LG vertrat – wie das LG Karlsruhe – die Ansicht, dass auch unentgeltliche Posts geschäftliche Handlungen iSd UWG seien, wenn darin Unternehmen oder deren Produkte verlinkt werden. Aufgrund der großen Reichweite (485.000 Follower) und der Tatsache, dass es sich um ein verifiziertes Konto (erkennbar durch ein blaues Häkchen) handelte, kam das Gericht zum Schluss, dass der Instagram-Channel von Cathy Hummels in seiner Gesamtheit als absatzfördernd gelte. Darüber hinaus sei der rein geschäftliche Charakter des Kanals für den durchschnittlich informierten Instagram-User erkennbar, wodurch dieser auch nicht bei einer fehlenden Kennzeichnung eines Posts über dessen werblichen Charakter in die Irre geführt werden könne. Daher müsse Cathy Hummels nach den Bestimmungen des UWG auch bei tatsächlich bezahlten Werbeeinschaltungen diese nicht als Anzeige kennzeichnen. Jedoch sind in Bezug auf Österreich hierbei wieder die Kennzeichnungsplichten des MedienG und des ECG zu beachten (auch in Deutschland gibt es vergleichbare Gesetze).
9. Conclusio
Wie bei den klassischen Werbeformen muss auch im Influencer Marketing der rechtliche Rahmen beachtet werden. Viele Fragen sind im Influencer Marketing bis dato noch nicht ausreichend geklärt. Mehr Aufschluss wird erst die (höchstgerichtliche) Rechtsprechung bringen, welche einzelne Fragen jedoch – abweichend von den Einschätzungen in diesem Beitrag – auch strenger beurteilen könnte. Bis dahin kann unseres Erachtens als Grundsatz festgehalten werden, dass es im Zweifel besser ist, den Nutzern in transparenter Weise mehr Informationen zur Verfügung stellen als zu wenig.
Erhalten Influencer im Hinblick auf die Veröffentlichung von Artikeln oder Beiträgen von einem Unternehmer Geld oder andere geldwerte Leistungen, liegen jedenfalls Kennzeichnungspflichten vor. In den übrigen Fällen, also vor allem dann, wenn kein expliziter Auftrag oder eine sonstige Zusammenarbeit mit einem Unternehmen existiert, ist die Rechtslage noch unklar und uU nicht leicht einzuschätzen, ob kennzeichnungspflichtige Werbung bzw. kommerzielle Kommunikation vorliegt.
Bis zur Klärung der Rechtslage durch die Rechtsprechung empfehlen wir, im Influencer Marketing folgende Grundsätze einzuhalten:
- Trennungsgebot zwischen werblichen Inhalten und redaktionellen Beiträgen! Für den Nutzer muss erkennbar sein, wann es sich um kommerzielle Kommunikation bzw. Werbung handelt und wann Inhalte redaktioneller Natur vorliegen.
- Keine Irreführung! Jede kommerzielle Kommunikation muss als solche klar erkennbar sein. Werbung darf nicht verschleiert werden. Wird eine Werbemaßnahme so getarnt, dass sie als solche dem Umworbenen nicht erkennbar wird, handelt es sich hierbei um eine wettbewerbswidrige Handlung.
- Entgeltlich veranlasste Postings sind gemäß § 26 MedienG zu kennzeichnen! Aber auch bei sonstigen (unbezahlten) Postings ist (auch aus Gründen der eigenen Authentizität) auf Transparenz zu achten. Im Zweifel gilt, dass besser mehr als zu wenig Informationen zur Verfügung gestellt werden sollten, damit Nutzer über den ggf. vorhandenen werblichen Inhalt nicht getäuscht werden.
- Hinweise auf den werblichen Charakter bzw. auf die kommerzielle Kommunikation müssen auf den ersten Blick klar erkennbar sein.
- Der Auftraggeber der kommerziellen Kommunikation muss gem §6 ECG klar erkennbar sein!
- Was das "Tagging" bzw. die Verlinkung auf Inhalte Dritter betrifft, ist aufgrund der jüngsten Rechtsprechung Vorsicht geboten.
- Von den Kennzeichnungspflichten sind auch Videos und Stories
- Einhaltung der Plattform-RL (neben) den gesetzlichen Bestimmungen / Verwendung von Branded Content Tools.
- Besteht eine Kooperation mit einem Unternehmen, sollte unter anderem vertraglich geregelt werden, wie die zu veröffentlichenden Beiträge zu kennzeichnen sind.
- Stay up-to-date!
Unser Team steht Ihnen gerne für eine kostenlose individuelle Erstberatung zur Verfügung. Terminvereinbarung unter office@svlaw.at oder einfach direkt über einen unserer Social Media-Kanäle.
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[1] § 27 Abs 1 Mediengesetz.
[2] § 26 Abs 1 E-Commerce-Gesetz.
[i] Branded Content-Richtlinien, bezogen unter: https://www.facebook.com/policies/brandedcontent/ (9.7.2019)
[ii] LG München I 29.04.2019, 4 HK O 14312/18; mehr dazu Punkt 8.2.4 oder unter https://sv.law/wp-content/uploads/2019/05/LG-Cathy-Hummels_SVLAW_2019-05-20_final.pdf.
[iii] Kraft/Steinmair in Kraft/Steinmair (Hrsg), UWG - Praxiskommentar (2013) Anhang Rz 33.
[iv] Ciresa in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar4 (2015) zu § 6 ECG Rz 5 ff.
[v] OGH 26.09.2016, 4 Ob 60/16a.
[vi] OGH 29.09.1992, 4 Ob 60/92.
[vii] Gesetzesbestimmungen, die ein Trennungsgebot vorsehen, finden sich weiters auch in anderen Sondernormen, wie dem Privatradiogesetz und dem ORF-Gesetz.
[viii] Gamerith/Mildner, Wettbewerbsrecht I – UWG9 (2016) 2.
[ix] OGH 08.06.1993, 4 Ob 56/93.
[x] Raffling/Wittmann, Werbung in sozialen Netzwerken, Medien und Recht 2017, 165.
[xi] Auch hier muss die Werbe- oder Absatzförderungsmaßnahme (etwa mit den in § 26 MedienG aufgezählten Begriffen) also gesondert gekennzeichnet werden, wenn die Erkennbarkeit der kommerziellen Kommunikation anders nicht erreicht werden kann, siehe dazu
[xii] OGH 26.09.2016, 4 Ob 60/16a.
[xiii] Kraft/Steinmair in Kraft/Steinmair (Hrsg), UWG - Praxiskommentar (2013) Anhang Rz 33.
[xiv] Raffling/Wittmann, Werbung in sozialen Netzwerken, Medien und Recht 2017, 164.
[xv] Kucsko et al, iPCompetence Vol 19 (2018) 15.
[xvi] Das Gesetz ist im Zuge der Umsetzung der AMD-Richtlinie entstanden, die als Ziel hat, die medienrechtlichen Vorschriften vA in Bezug auf Fernsehen zu harmonisieren.
[xvii] EuGH 21.02.2018, C-132/17 (Peugeot Deutschland/Deutsche Umwelthilfe).
[xviii] EuGH 21.10.2015, C-347/14 (New Media Online GmbH/Bundeskommunikationssenat).
[xix] Berka/Heindl/Höhne/Koukal, Mediengesetz Praxiskommentar4 (2019) 1.
[xx] OGH 26.09.2016, 4 Ob 60/16a.
[xxi] OGH 26.09.2016, 4 Ob 60/16a.
[xxii] In einer Entscheidung (OGH 29.09.1992, 4 Ob 60/92) sprach der OGH aus, dass unbezahlte Werbung in Gestalt redaktioneller Berichterstattung eine Täuschung des Publikums über ihren wahren Charakter bewirken kann, wenn sie bei flüchtiger Betrachtung wie ein Beitrag des redaktionellen Teils erscheint.
[xxiii] Kucsko et al, iPCompetence Vol. 19 (2018) 16; Raffling/Wittmann, MR 2017, 165.
[xxiv] Anderer Meinung hingegen Raffling/Wittmann: Demnach seien redaktionelle Anpreisungen eines Produkts, die auf eigener Meinung beruht und auch nicht entgeltlich veranlasst wurden, Ausdruck der Meinungsfreiheit gemäß Art 10 EMRK und daher nicht gemäß § 26 MedienG kennzeichnungspflichtig.
[xxv] Da als Entgelt jede geldwerte Gegenleistung zu verstehen ist, kann jedoch auch das Überlassen eines Produkts oder das Erbringen einer Dienstleistung unter Umständen Entgeltlichkeit begründen, vgl. Anderl/Seling ecolex 2018, 536.
[xxvi] Kucsko et al, iP Competence Vol 19 (2018) 16.
[xxvii] Vgl. OLG Celle 08.06.2017, 13 U 53/17.
[xxviii] OLG Celle 08.06.2017, 13 U 53/17.
[xxix] Branded Content-Richtlinien, bezogen unter https://www.facebook.com/policies/brandedcontent/ (16.07.2019)
[xxx] Berka/Heindl/Höhne/Koukal, Mediengesetz Praxiskommentar4 (2019) 422.
[xxxi] Ganz in diesem Sinne sollte auch das Branded Content Tools nur dann verwendet werden, wenn eine tatsächliche Kooperation mit dem Unternehmen vorliegt.